Die Immobilie im Falle der Trennung und Scheidung
Der Erwerb einer eigenen Immobilie stellt für viele Deutsche einen maßgeblichen Baustein zu einer soliden Altersabsicherung dar, ganz gleich, ob der Grundbesitz selbst genutzt oder fremdvermietet ist.
In Deutschland gibt es weit über 41 Mio. Privathaushalte, etwa 40 % dieser Ein- oder Mehrpersonenhaushalte leben in einer eigenen Wohnimmobilie, die Tendenz ist stark steigend.
Soweit Ehepartner, eingetragene Lebenspartner oder bloße Lebensgefährten sich zum Erwerb einer Immobilie entschließen, gibt es nicht nur bei der vorsorgenden Ausgestaltung der rechtlichen Verhältnisse, sondern auch und gerade für den Fall der Trennung und Scheidung einigen Überlegungs- und ggf. auch Regelungsbedarf.
Rechtzeitige und zweckmäßige finanzielle Regelungen sind grundlegende Voraussetzungen für eine lange und vertrauensvolle Ehe oder Lebenspartnerschaft.
Klare Verhältnisse herrschen immer dann, wenn die Ehe- oder Lebenspartner rechtzeitig einen vorsorgenden Ehe- oder Partnerschaftsvertrag abgeschlossen und die Aufteilung ihres Vermögens auch für den Fall der Trennung bzw. Scheidung vereinbart haben. Das ist heute allerdings bei den wenigsten Ehe- und eingetragenen Lebenspartnern der Fall, so dass diese Ehe- oder eingetragenen Lebenspartner im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemein-schaft leben.
Bei Paaren ohne Trauschein ist der Regelungsbedarf besonders groß, weil gesetzliche Rege-lungen und Ansprüche fehlen bzw. unzureichend sind, so dass in jedem Fall der Abschluss eines vorsorgenden Partnerschaftsvertrages für den Trennungs- und natürlich auch für den Todesfall anzuraten ist.
Im Zusammenhang mit selbst genutzten oder fremdvermieteten Immobilien geht es oftmals um viel Geld und langfristige wirtschaftliche Verpflichtungen. Die Immobilie kann im Falle der Trennung und Scheidung so schnell zu einer Streit- und Kostenfalle werden. Das betrifft nicht nur die Zahlung der Restschulden, die geleisteten Tilgungen, den Wertzuwachs der Immobilie, sondern auch die Frage, wer das Eigenheim zunächst oder auf Dauer weiter bewohnt und bezahlt, die Frage, ob die Immobilie von einem der Ehe- oder Lebenspartner zu Alleineigen-tum übernommen oder diese beispielsweise im Zusammenhang mit dem Zugewinnausgleich veräußert werden muss.
# 1 Die Immobilie in der Zugewinngemeinschaft
Im Rahmen der Zugewinngemeinschaft sind und bleiben die jeweiligen eigenen Ver-mögen der Ehe- oder eingetragene Lebenspartner grundsätzlich voneinander getrennt. Ein jeder Partner verwaltet sein Vermögen selbst und in eigener Regie und zieht auch selbst den Nutzen daraus.
Entgegen der weit verbreiteten Auffassung haftet auch kein Ehe- oder eingetragener Lebenspartner per se und automatisch für Schulden des anderen Ehe- oder eingetragenen Lebenspartners, es sei denn, er hätte z. B. Darlehensverträge selbst mitunter-schrieben oder Bürgschaften für seinen Partner abgegeben.
Im Falle der Trennung und Scheidung und der damit einhergehenden Beendigung der Zugewinngemeinschaft gilt es im Rahmen einer Bilanzierung der beiderseitigen Ver-mögenswerte zu ermitteln, welcher Ehe- oder eingetragener Lebenspartner in der Ehezeit den höheren Zugewinn erwirtschaftet hat. Dazu wird das bei Eheschließung jeweils vorhandene Anfangsvermögen mit dem Endvermögen verglichen. Derjenige Ehe- oder eingetragene Lebenspartner, der den höheren Vermögenszuwachs in der Ehezeit erwirtschaftet hat, ist verpflichtet, dem anderen Partner einen Zugewinnausgleich zu zahlen.
Von Bedeutung ist dabei auch, wenn einer der Partner in der Ehe- oder eingetragenen Lebenspartnerschaft Erbschaften gemacht oder Schenkungen erhalten hat, weil diese Vermögensanfälle nicht aus der Ehe resultieren und deswegen im Rahmen des Zugewinnausgleichs herausgerechnet werden oder unberücksichtigt bleiben. Das gilt allerdings nicht für eine etwa eingetretene Wertsteigerung solchen Vermögens in der Ehezeit.
# 2 Alleineigentum eines Partners
Oftmals bringt ein Ehe- oder eingetragener Lebenspartner eine selbst genutzte oder fremdvermietete Immobilie mit in die Ehe und ist als alleiniger Eigentümer im Grund-buch eingetragen. Unterstellt man einmal, dass diese Immobilie bei Eheschließung oder Begründung der eingetragenen Lebenspartnerschaft einen Wert von rund 300.000,00 € hatte und sich der Wert dieses Grundbesitzes in der Ehezeit beispielsweise durch erfolgte Investitionen oder durch die allgemeine Marktpreisentwicklung auf rund 800.000,00 € erhöht hat, hätte dieser Ehe- oder eingetragene Lebenspartner in der Ehezeit einen Zugewinn in Höhe von 500.000,00 € erzielt. Für den Fall, dass andere Vermögenswerte nicht verbunden sind oder sonst im Rahmen des Zugewinn-ausgleichs keine Rolle spielen, wäre dieser Ehe- oder eingetragene Lebenspartner dazu verpflichtet, seinem Partner anlässlich der Scheidung einen Zugewinnausgleich in Höhe von 250.000,00 € zu leisten.
# 3 Gemeinsames Eigentum der Partner
Haben die Beteiligten in der Ehezeit gemeinsam eine Immobilie angeschafft, so stellt dies einen Vermögenswert dar, der auf beiden Seiten gleichwertig bei der Berechnung des Zugewinnausgleiches zu berücksichtigen ist.
In der Regel stellen sich dann folgende Fragen:
Wer zieht aus der Immobilie aus, wer bleibt im Haus wohnen?
Ist das Haus noch mit Darlehensverbindlichkeiten belastet und wer bezahlt diese?
Kann und will ein Partner die Immobilie zu Alleineigentum übernehmen und den anderen Partner auszahlen?
Ist ein Verkauf oder etwa eine Versteigerung der Immobilie eine sinnvolle und zweckmäßige Lösung?
a) Die einfachste und sauberste Lösung sieht so aus, dass beide Partner sich dazu entschließen, die Immobilie zu veräußern und den Erlös nach Tilgung etwa noch bestandener Verbindlichkeiten gleichermaßen zu verteilen.
b) Möchte einer der Partner die Immobilie behalten, um beispielsweise in der Immo-bilie weiter zu wohnen, kann er den Miteigentumsanteil des anderen Partners gegen Zahlung einer Abfindung übernehmen, die sich am Marktwert des Objektes und an dem Miteigentumsanteil des ausscheidenden Partners bemisst.
Im Falle der Übernahme des Miteigentumsanteils des anderen Partners hat der übernehmende Partner alle etwa noch valutierenden Verbindlichkeiten zu übernehmen und insofern für die Schuldhaftentlassung des ausscheidenden Partners Sorge zu tragen. Der so ausscheidende Partner sollte in diesem Falle unbedingt darauf bestehen, dass er nicht nur aus dem Grundbuch ausgetragen, sondern auch aus allen Verträgen entlassen wird, so dass er zukünftig nicht mehr in Haftung genommen werden kann, gerade für den Fall, dass der übernehmende Partner seinen zukünftigen Zahlungsverpflichtungen einmal nicht mehr nachkommen sollte oder wollte.
c) Sollten die Partner im Falle ihrer Trennung und Scheidung weder einen Verkauf noch die Übertragung auf einen Partner wünschen, spricht grundsätzlich auch nichts dagegen, dass die Partner auch über ihre Trennung und Scheidung hinaus Miteigentümer der Immobilie bleiben.
Die Partner müssen sich dann darüber einigen, wer die Immobilie zu welchen Konditionen, z B. gegen Zahlung einer Nutzungsentschädigung oder Übernahme von Verbindlichkeiten bewohnt, wobei auch eine Fremdvermietung an Dritte denkbar ist. Voraussetzung ist natürlich, dass die getrennten und geschiedenen Partner sich in der Lage sehen, gemeinsam als Vermieter aufzutreten und die da-mit verbundenen Aufgaben wahrzunehmen. Ist das nicht der Fall, sollte von einer gemeinsamen Vermietung als Lösungsweg Abstand genommen werden.
d) Wollen beide Partner nach ihrer Trennung und Scheidung die Immobilie weiter bewohnen und werden sich darüber nicht einig, so kann über das Nutzungsrecht einer gemeinsamen Immobilie durch das Familiengericht entschieden werden. Für den Fall, dass Kinder vorhanden sind, versucht der Gesetzgeber, vor allem auch deren Wohl im Auge zu behalten, wobei andere wirtschaftliche Gesichtspunkte wie z. B. das Alleineigentum eines Partners oder abweichende Miteigentumsquoten der Partner, aber auch individuelle finanzielle Aufwendungen in der Vergangenheit sowie besondere Umstände des Lebensunterhaltes oder die Nähe zum Arbeitsplatz eine Rolle spielen können.
e) Gelegentlich kommt es vor, dass einer der Partner den freihändigen Verkauf der Immobilie verweigert und auch nicht willens ist, aus der Immobilie auszuziehen, obwohl er weder bereit noch in der Lage ist, die weitere Finanzierung der Immobilie zu tragen. In diesem Fall kann die Immobilie auf Antrag des anderen Partners durch das zuständige Amtsgericht zwangsversteigert werden.
Diese sogenannte Teilungsversteigerung kann auch jederzeit und gegen den Willen des nicht mitwirkungsbereiten Eigentümers angeordnet werden.
Das Amtsgericht bestimmt einen Sachverständigen und beauftragt diesen mit der Bewertung der Immobilie, um dann auf dieser Grundlage die Konditionen für die Zwangsversteigerung zu berechnen. Eine solche Zwangsversteigerung ist natürlich mit Risiken verbunden, in der Vergangenheit lagen die erzielten Versteigerungserlöse in der Regel deutlich unter den tatsächlichen Verkehrs- und Marktpreisen. Zu beachten ist weiter, dass beide Partner für etwa noch nach der Versteigerung übrigbleibende Restverbindlichkeiten gemeinsam haften und einen fortbestehenden Kredit auch weiter abbezahlen müssen.
# Résumé
# 4 Klare Verhältnisse durch Ehe- oder Partnerschaftsvertrag schaffen
Eheleute oder eingetragene Lebenspartner, die den gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft und die damit verbundenen Auswirkungen vermeiden möchten, können jederzeit vor oder nach ihrer Eheschließung einen notariellen Ehevertrag abschließen.
In einem solchen Vertrag kann entweder eine reine Gütertrennung vereinbart werden, denkbar und oft zweckmäßiger kann es aber sein, eine bloße Modifizierung des gesetzlichen Güterstandes der Zugewinngemeinschaft dahingehend zu vereinbaren, dass man diesen für den Trennungs- und Scheidungsfalle abschließt oder beschränkt oder bestimmte Vermögensgegenstände ausnimmt.
Nicht miteinander verheiratete Partner sollten in Ermangelung ausreichender und klarer gesetzlicher Regelungen spätestens dann einen Partnerschaftsvertrag, der die Verwaltung, Nutzung und gegebenenfalls Auseinandersetzung der gemeinsamen Immobilie im Falle ihrer Trennung regelt, abschließen, wenn sie sich zu dem Erwerb eines gemeinsamen Hausgrundstückes entschließen.
In jedem Fall sollten Ehe- und eingetragene Lebenspartner sich rechtzeitig vor einem in Aussicht genommenen Immobilienkauf Gedanken über die Eigentumsverhältnisse an derselben und Auswirkungen einer späteren Trennung und gegebenenfalls Scheidung machen und sich insoweit sachkundig beraten lassen, um unangenehme spätere Streitigkeiten zu vermeiden.
Kharim-Oliver Elmasry
Rechtsanwalt und Notar